6 Milliarden Video Views: Snapchat krempelt die Werbung um

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bastian.scherbeck

6 Milliarden Video Views pro Tag: Diese Zahl bestätigte Snapchat diese Woche gegenüber der Financial Times und positioniert sich somit direkt hinter dem Urgestein der sozialen Netzwerke Facebook mit acht Milliarden Video Views pro Tag. Vor allem beeindruckend hierbei ist die Tatsache, dass sich die Zahlen bei Snapchat seit Mai verdreifacht haben.


Snapchat ist aktuell das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk. Schon 2014 stiegen die Nutzerzahlen um 57%. Heute hat Snapchat 100 Millionen täglich aktive Nutzer, 65% sind auch tatsächliche „Creators“, erstellen also selbst Inhalte. Ende 2013 bot Facebook noch 3 Milliarden Euro für eine Akquisition des Netzwerkes, inzwischen wird Snapchat mit zwischen zehn und 16 Milliarden Dollar bewertet.

Die Nutzerzahlen klingen traumhaft, Snapchat gilt als eines der erfolgreichsten Start-Ups des letzten Jahrzehnts und hat doch ein schon fast als klassisch zu bezeichnendes Problem sozialer Netzwerke: : Seit 2013 wird versucht sich anhand von Werbeschaltung zu finanzieren. Auch wenn das bis jetzt vor allem nach dem Trial and Error Prinzip – neben Kooperationen mit großen Medienhäusern, Sponsored Stories und In-App-Käufen – abgelaufen ist, bietet Snapchat seit diesem Jahr zwei spannende neue Anzeigenarten. Zum einen die gesponserten Geofilter, also standortbasierte Filter, die von Unternehmen angepasst und ausgespielt werden können, sowie Sponsored Lenses, die in Echtzeit Masken über die Gesichter der Nutzer legen. Die Technik stammt aus der letzten und bis dato größten Akquisition von Looksery.

Snapchat_Lenses_Beide

Für das 3V Konzept von Snapchat, also vertical video views, ist das perfekt und die spielerische Herangehensweise schließt sich nahtlos an die bereits vorhandenen Geofilter an. Entsprechend greifen Sponsored Lenses nicht in den Userflow ein, sie sind nicht eine um seiner selbst willen geschaffene Werbeart, sondern ein Gadget, das mit Unternehmensinhalten bespielt werden kann, aber nur im Rahmen der bereits vorhandenen Konditionen. Die Umsetzung der Filter erfolgt, natürlich in Abstimmung mit den Werbetreibenden, durch Snapchat selbst.

So integriert das Netzwerk sich in den Trend der freiwillig-konsumierten Werbung und zeigt sich außerdem zukunftsorientiert: Nicht nur basieren die Lenses auf Interaktion ohne eine konstante Betreuung zu benötigen, sie greifen auch an Punkten wie biometrischer Erkennung und eingabeloser Bedienung.
Das eigentlich Besondere ist aber: Die Lenses sind keine Anzeigen; es handelt sich dabei um einen Service, ein Angebot des Unternehmens an den Nutzer, welches für beide Seiten einen klaren Mehrwert schafft. Damit ist es ein Beispiel für einen sogenannten Social Value Exchange – basierend auf der analytischen Erkenntnis warum und wie Menschen Verbindungen miteinander eingehen, Inhalte teilen, miteinander sprechen und sich gegenseitig beeinflussen. Die Mehrwerte für den User liegen bei den Sponsored Lenses ganz klar im Bereich “Entertainment” (er wird unterhalten) und “Soziales Kapital” (die Marke lässt ihn cool / innovativ / “gut” aussehen). Für die Marke lässt sich ebenfalls eine Vielzahl an Mehrwerten identifizieren: Von kommunikativen Effekten – (ein User hört zum ersten Mal / wieder von einer Marke), über eine Adaption der Einstellung zur Marke bis hin zum für die Marke positiven Verhalten des Users (er nutzt und distribuiert die Sponsored Lens in der Kommunikation mit seinen Freunden) ist einiges denkbar.

Auch wenn Sponsored Lenses schon rein budgetär nicht für alle Unternehmen nutzbar sind – wir bewegen uns hier im Bereich von 450.000 – 750.000 Dollar pro Tag und Lens – sollten auch diese aus dem oben beschriebenen Vorgehen lernen und den Social Value Exchange im Rahmen der Ausarbeitung eines strategischen Frameworks in ihr digitales Marketing grundsätzlich integrieren.

Update: Im Zuge des neusten iOS Updates werden einzelne Lenses auch nutzerseitig monetarisiert, andere bleiben (vorerst) gratis.

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