Facebook ist tot, lang lebe Facebook!

Report
vanessa.bouwman

Eines der Highlights unseres “Digital in 2016 Reports” zum digital, social und mobile Nutzungsverhalten sind die Daten, die wir zu jedem Land, bezüglich Gender und Demographie der Nutzer erfasst haben. (Den gesamten Report findet ihr am Ende dieses Artikels.)

Die folgenden Daten sind, dank einiger neuer Entwicklungen, besonders aktuell.

Als Facebook die letzten Quartalszahlen veröffentlicht hat, gab es ein Raunen in den Medien. Anlass: Um 50 Prozent verringertes Wachstum der Nutzerzahlen im letzten Quartal.
Es ist eindeutig, dass es bei inzwischen 1,5 Milliarden aktiven Nutzern und einem massiven (50 Prozent!) Vorsprung zum nächsten Konkurrenten, selbst für Facebook irgendwann schwer wird, dauerhaft mehr und mehr neue User zu akquirieren.

Aber das ist auch nicht alles mit dem Mark Zuckerberg und Co. sich angesichts der neuesten Zahlen abfinden müssen.

Die viel spannendere Frage zu diesen Entwicklungen – und das scheinen auch die Medien so zu sehen – ist die, ob es Facebook gelingen kann, die vorhandene junge Zielgruppe weiter an sich zu binden.

Es ist inzwischen klar, dass junge Nutzer heutzutage einen wesentlich geringeren Anteil einnehmen, als noch vor einigen Jahren. Dennoch wollen wir im Folgenden die Hintergründe zu dieser Entwicklung aufdecken und eines sei schon gesagt: Es steckt mehr dahinter als die Medien uns glauben machen.

Eine Geschichte, die sich je nach Region anders erzählt

In Entwicklungsländern, die sich dadurch auszeichnen, dass die jüngere Generation erst jetzt, dank günstigem und andauernd zuverlässigem Zugang, das Netz nutzen kann, ist Facebook immer noch der perfekte Ort, um junge Nutzer zu erreichen.

Schauen wir auf die Daten zwei der potentiell am schnellsten wachsenden Länder, so zeigt sich, dass Facebook hier noch immer primär von jungen Nutzern bevölkert ist.

In diesen Märkten sind mehr als drei Viertel aller Nutzer unter 30 Jahre alt. Wer sich die Daten genau anschaut, sieht außerdem, dass es in Indien signifikante Unterschiede zwischen den Zahlen der weiblichen und männlichen Nutzer gibt. Das ist aber sicherlich ein Thema für einen neuen Blogpost…

Um zurück zum Alter der Nutzer zu kommen: Sobald wir uns geographisch aus Asien bewegen, zeigt sich ein deutlicherer Shift in der Nutzerverteilung: in Brasilien und Südafrika machen die Nutzer unter Dreißig nur noch ungefähr die Hälfte aus.

Den geringsten Anteil an den sogenannten “Millenials” haben die digital fortgeschritteneren Nationen. Im Westen nichts neues: Junge Nutzer machen inzwischen einen wesentlich kleineren Teil der aktiven Facebook-Nutzer aus.

So sind es in den USA gerade noch 30 Prozent unter 30 Jahren, in Großbritannien und Australien sehen die Zahlen nicht weniger eindeutig aus: Mit 39 und 41 Prozent schrumpft auch hier die junge Nutzerbasis.
Besonders markant: Die USA haben lediglich 17 Prozent mehr User über 40 Jahre als unter 30.

Es kommt auf die Perspektive an
Diese Analyse basiert auf relativen Zahlen: Die Anzahl der jungen Nutzer wird ins Verhältnis zur gesamten Nutzerzahl gesetzt.
Die absoluten Zahlen hingegen bestätigen, dass immer noch viele junge Menschen Facebook nutzen. In den Vereinigten Staaten sind das unfassbare 59 Millionen zwischen 13 und 29 und entsprechend 80 Prozent der gesamten Bevölkerung dieser Altersgruppe.

Zur Veranschaulichung: Das ist ein höherer Anteil, als der, der Menschen, die in dieser Altersgruppe noch klassisch, linear fernsehen: Dieser lag in den USA im zweiten Quartal 2015 bei lediglich 76 Prozent.

Was bedeutet das?

Trotz der reißerischen Berichterstattung über das “Sterben” Facebooks in den Medien, sind in den USA Millennials eher auf Facebook aktiv (80 Prozent der 18-29 Jährigen), als dass sie linear fernsehen. (76 Prozent der 18-34 Jährigen)

Dennoch ist das nicht einfach nur so hinzunehmen.

Neue Verhaltensmuster
Wie jüngere Menschen Facebook nutzen hat sich relevant verändert: Zwar checken die meisten Personen unter 30 noch täglich ihren Facebook Newsfeed, sie teilen aber weitaus weniger persönliche Geschichten auf der Plattform.

Es scheint, als würde Facebook inzwischen viel eher als Plattform genutzt werden, um Inhalte Dritter und Links mit dem eigenen Netzwerk zu teilen, sowie ebensolche zu finden, die Freunde geteilt oder gepostet haben. Die bevorzugten Netzwerke für eigenes Teilen haben sich aber geändert: Millennials nutzen bevorzugt privatere Plattformen, wie Snapchat oder auch Messanger wie Whatsapp.

Facebook hat sich für diese Evolution durch die Akquisition von Whatsapp und Instagram gut gerüstet. Das sind zwar gute Nachrichten für alle Aktieninhaber, Marketeers müssen hingegen re-evaluieren wo und wie sie ihre Social Updates in Zukunft mit ihren jungen Zielgruppen teilen werden.

Unser Tipp diesbezüglich ist ziemlich direkt:
Wenn man eine Story hat, die es sich lohnt zu teilen und wenn man im Stande ist, diese Geschichte auch gut und spannend durch Inhalte zu erzählen, dann ist Facebook noch immer eine gute Plattform dies zu tun. Wer aber glaubt die junge Zielgruppe mit mittelmäßigen Inhalten, die lediglich zum Füllen eines Redaktionsplanes dienen, zu fesseln oder – hoffen wir mal nicht – darauf zählt Millenials allein durch Werbeschaltungen (z.B. durch paid posts) den eigenen Content aufzuzwingen, verschwendet nicht nur die Zeit der Nutzer, sondern auch das eigene Marketing Budget.

Das ist übrigens auch keine Entschuldigung dafür, mittelmäßige Inhalte und Geschichten auf weiteren Kanälen wie Instagram oder Snapchat abzubilden.

Gespräche mit jungen Social Media Nutzern haben uns gezeigt, dass sie sich vor allem deswegen von Facebook entfernen, weil sie hier andauernd mit für sie irrelevanten oder uninteressanten Marketing-Botschaften bespielt werden. Die Message an Marken ist also klar: Je mehr sie versuchen junge Menschen durch platte Werbung zu erreichen, desto eher flüchten diese von den Plattformen, auf denen sie genervt werden.

Social Media Kanäle bieten noch immer hervorragende und einzigartige Möglichkeiten für Marken, die bereit sind Zeit zu investieren um ihre Zielgruppe zu verstehen und herauszufinden was diesen Menschen wichtig ist. Sind Marketeers aber nicht bereit sich diese essentielle Zeit zu nehmen, riskieren sie nicht nur ignoriert zu werden; Sie verschwenden letztlich das gesamte zukünftige Potential für Unternehmen Social Media Marketing effektiv zu nutzen.

Ein noch tieferer Einblick
Wer Interesse daran hat diese Zahlen für sich selbst in Kontext zu setzen, findet sie in den Länderanalysen unseres Digital in 2016 Reports. Diese finden sich ab Seite 62, ebenso wie die Altersstrukturen der jeweiligen Facebook-Nutzer.

Außerdem möchten wir an dieser Stelle noch einmal erwähnen, dass wir auch für Südostasien ähnliche Analysen zusammengestellt haben, die hier kostenlos auf Slideshare zu finden sind.