Zahlen und Fakten zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie
Am 17. Mai dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) erinnern Menschen rund um den Erdball mit vielfältigen Aktionen an den 17.05.1990, der Tag, an dem Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestrichen wurde. Seitdem gilt sie offiziell nicht mehr als Krankheit.
Tom Kreissl, unser Junior Research & Insights Manager hat einen Research zum Thema Hate gegen die LGBTQ+ Community durchgeführt.
Im Internet, am Arbeitsplatz, in der U-Bahn oder in der Nachbarschaft. LGBTQ+-Personen sind viel häufiger Opfer von Hassreden als der Rest der Bevölkerung. Wie aus Umfragen in einzelnen Mitgliedstaaten der EU hervorgeht, sind bis zu 50% der befragten LGBT schon einmal Opfer von Hassreden oder Hassverbrechen geworden.
Was sind Hassreden/ Was ist Hate Speech (gegenüber LGBTQ+)?
Hassreden gegenüber LGBTQ+ sind Aufrufe und Anspornung zu Hass, Diskriminierung oder Feindseligkeit gegenüber Personen, die durch Vorurteile gegenüber einer bestimmten Besonderheit der Betroffenen, wie zum Beispiel deren sexuelle Ausrichtung oder Geschlechtsidentität, motiviert sind.
Nach der offiziellen Website der Europäischen Union sind homo- und transphobe Hassreden ein Angriff auf die Würde einer Person. Sie beeinträchtigen den Gebrauch der Grundrechte des Opfers. Die Kommission fördert die Diskussion zwischen den Mitgliedstaaten, sorgt für den Austausch bewährter Verfahren und entwickelt informelle Leitlinien, wie Hassreden und Hassverbrechen besser verhindert und bekämpft werden können.
Ebenfalls macht die vom Europarat geförderte “No Hate Speech”-Bewegung aktiv auf Hatespeech aufmerksam, um zur Bekämpfung des Problems beizutragen. Jedoch herrschen keine einheitlichen Rechtsvorschriften gegen Hassreden oder Hassverbrechen.
Wie aus Umfragen hervorgeht, werden Hassreden und Hassverbrechen häufig nicht bei den Behörden angezeigt. Viele Betroffene scheuen immer noch den Weg zur Polizei. Ein Grund hierfür ist, dass viele der Opfer Vorbehalte haben, sich gegenüber den Strafverfolgungsbehörden über ihre Sexualität zu äußern. In einigen Mitgliedstaaten kann auch bei„Dritten“ Anzeige erstattet werden, also nicht nur bei der Polizei.
Was sind LGBTQ+-Hassreden im Netz?
LGBTQ+-Hassreden sind alle Verbrechen, die aufgrund von Feindseligkeit oder Vorurteilen gegen eine Person oder Gruppe gerichtet sind, die auf der wahrgenommenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person basieren und online stattfinden. Sie beinhalten Äußerungen, die Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegen eine Person oder Gruppe aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität befürwortet, fördert oder dazu aufruft.
- Wenn ein Online-Verbrechen durch Homophobie, Biphobie oder Transphobie motiviert ist, handelt es sich um ein Hassverbrechen im Netz, unabhängig davon, ob sich die angegriffene Person oder Gruppe als LGBTQ+ identifiziert.
- Bei Cybermobbing, Trolling, Missbrauch, Belästigung, Feindseligkeit oder Hass, die zwar kein Verbrechen darstellen, aber homophob, biphob oder transphob motiviert sind, handelt es sich ebenfalls um Online-Anti-LGBT+-Hassverbrechen.
- Genauso wie Worte, Bilder und Videos, die zu Gewalt gegen eine Person oder Gruppe aufrufen oder diese verherrlichen, die andere dazu ermutigen, Hassverbrechen zu begehen
Hate Speech ist ein politischer Begriff
Hate Speech ist ein politischer Begriff in Deutschland und deswegen auch politisch umkämpft. In Deutschland ist sie zudem keine juristische Kategorie, auch, wenn einige Straftatbestände, besonders der der Volksverhetzung, ihr nahekommen. Auch die Kriminalitätsstatistik der Polizei kennt Hate Speech nicht als eigenständige Kategorie.
Hatespeech x Meinungsfreiheit
Meinungsfreiheit ist nicht die Freiheit, alles zu sagen, was möglich ist.
Meinungsfreiheit ist kein absolutes Recht: Sie findet ihre Grenzen, sobald die
Würde eines Menschen angegriffen wird.
Weltweit schützen Gesetze und gesellschaftliche Werte vor Diskriminierung:
Niemand darf aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder Behinderung diskriminiert werden.
– Niemand muss Hassreden akzeptieren oder aushalten.
– Wer verbal Menschen herabsetzt, beleidigt und bedroht, pfeift auf die Menschenrechte.
Die LGBTQ+-Jugend im Angesicht des Hatespeech
LGBTQ+-Jugendliche nutzen das Internet mit größerer Wahrscheinlichkeit als Ressource, um Hilfe und Orientierung zu suchen. Anerkannte akademische Studien haben gezeigt, dass junge Menschen, die sich als LGBTQ identifizieren, das Internet und Social-Media-Plattformen nutzen, um das soziale Netzwerk und die Freiheit aufzubauen, die ihnen in der Schule oder zu Hause oft verwehrt werden. Selbst in den besten Zeiten haben LGBTQ-Jugendliche regelmäßig mit Online-Missbrauch und Belästigungen zu kämpfen.
Vor dem Coronavirus war die LGBTQ-Community bereits recht aktiv im Internet
und diese wurde auch gleichzeitig eine der am meisten gefährdeten
Online-Communities.
- zwischen 84% und 88% der Befragten haben schon mindestens einmal erlebt wie LGBTQ+-feindliche Witze im Internet gemacht wurden
- knapp die Hälfte (46%) der befragten trans und gender diversen Jugendlichen geben an, im Internet beleidigt, beschimpft oder lächerlich gemacht worden zu sein.
Die zweite jährliche
Umfrage des Trevor Project zur psychischen Gesundheit offenbarte die
erschreckende Realität, der LGBTQ-Jugendliche regelmäßig ausgesetzt sind.
Das Trevor Project berichtete, dass im Jahr 2020, vor der Corona-Pandemie, fast die Hälfte der LGBTQ-Jugendlichen an Selbstmord dachte. 48 % der befragten Jugendlichen gaben an, bereits Selbstverletzungen begangen zu haben. Die Mehrheit der Jugendlichen in diesem Segment, also bezeichnende 86%, “sagten auch, dass das aktuelle politische Klima sich negativ auf ihr Wohlbefinden ausgewirkt hat.” Weitere 33% berichteten, dass sie bereits in ihrem Leben “körperlich bedroht oder aufgrund ihrer LGBTQ-Identität geschädigt” wurden.
Umgang mit Hate Speech
Als Betroffene*r
- Gibt es
Vertrauenspersonen, an die du dich wenden kannst?
- Gibt es jemanden, der den Account übernehmen, Posts löschen und Profile
blockieren kann?
- Stelle deinen Account vorrübergehend auf privat und deaktiviere die Kommentarfunktion
- Mache Screenshots (inklusive Datum und Uhrzeit, und am besten von dem
gesamten Computerbildschirm) und speicher sie ab
- Erstelle Anzeige: z.B. bei den OnlineWachen der Bundesländer (in Bayern sind Online-Strafanzeigen nicht möglich)
- Suche dir rechtliche oder psychologische Beratung
(z.B. Hate Aid oder Hassmelden hilft)
- Melde die-Hassbeiträge / Profile bei den entsprechenden Sozialen Netzwerken
melden; laut Netzwerkdurchsetzungsgesetz müssen diese innerhalb von 24 Stunden
reagieren und bei erkennbaren Rechtsverstößen den Hassbeitrag löschen.
Als Zeuge
- Verteidigung bzw. Stärkung der Angegriffenen, sich online für das Opfer
einsetzen, indem man Täter*innen sagt, dass das, was sie tun oder sagen, nicht
in Ordnung ist. - Dem Opfer beiseite stehen und zuhören
- Entsprechende Beiträge bzw. Profile bei den Netzwerken melden
- Helfen, Beweise zu
sichern. Wenn das Opfer sich entscheidet, die Fälle zu melden, wird es Beweise
brauchen, um zu belegen, was passiert ist.
Als Elternteil
- Vertrauen aufbauen und dem Kind zeigen, dass es jederzeit über Probleme mit dem Internet und LGBTQ+ reden kann, ohne übereilt zu reagieren und z.B. sofort die Internetnutzung verbieten
- Verständnis zeigen und sensibel für mögliche Verstörungen des Kindes seien
- Kinder sensibilisieren und über Cyberbullying aufklären
- Versuchen, Täter*innen zu identifizieren und sie darauf hinweisen, dass es sich um ein strafbares Delikt handeln kann
- sich für die Apps- und Internetnutzung des Kindes interessieren
- bei digitaler Kompetenz mitlernen und mit gutem Beispiel vorangehen
- „Sharenting“ vermeiden (d.h. nicht leichtfertig Informationen und Bilder über eigene oder andere Kinder in Sozialen Medien posten, sondern deren Persönlichkeitsrechte beachten)
Was kann die Politik tun?
- Vereinfachte und transparente Meldeverfahren für Hate Speech auf Webseiten, Netzwerken und Apps anbieten
- Zentrale Anlaufstellen und Meldestellen für Betroffene von Hate Speech schaffen
- zusätzliche Stellen und Expertise bei Polizei und Justiz für Prävention und Ahndung von Cyberkriminalität (Hate Speech Fortbildung)
Was bedeutet LGBTQ+?
LGBTQ steht für Lesbian,
Gay, Bisexual, Transgender und Queer. Also lesbisch, schwul, bisexuell,
transsexuell und genderqueer. Manchmal wird hinter das Q auch ein Plus gesetzt.
Das Plus steht für alle weiteren Minderheiten, die in der Abkürzung nicht
aufgezählt werden.
Was bedeutet „drittes Geschlecht“?
Im deutschen
Geburtenregister ist außer männlich und weiblich auch die Geschlechtsangabe
„divers“ möglich. Dies dient der Gleichstellung von intersexuellen Menschen,
die von Geburt an sowohl männliche als auch weibliche biologische Merkmale
aufweisen. Bisher mussten sie die unzutreffende Zuordnung zu einem bestimmten
Geschlecht hinnehmen oder den Geschlechtseintrag offenlassen.
Formen der Diskriminierung am Arbeitsplatz
Laut dem Ergebnis einer gemeinsamen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW):
- jede*r dritte Homosexuelle fürchtet Diskriminierung am Arbeitsplatz.
- bei transsexuellen Menschen mehr als 40%.
- 30 Prozent der Homosexuellen verstecken, der Umfrage nach, ihre Sexualität vor Kolleg:innen aus Angst vor Ausgrenzung, Stigmatisierung und typisierenden Zuschreibungen hindern LGBTQ+-Menschen daran, sich am Arbeitsplatz zu öffnen.
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